Nils, erzähl uns von dir.
Ich bin seit sieben Jahren Anwalt und habe mir selbst die Frage gestellt in welche Richtung es gehen soll, da man als Anwalt nicht immer nur mit den positiven Seiten des Lebens zu tun hat. Deswegen habe ich einfach entschieden, auch weil ich fortschrittlich unterwegs sein möchte und technologische Neuerungen immer cool finde, dass ich im Bereich IT, Daten und Tech unterwegs sein möchte.
Als Klientel habe ich mir Startups ausgesucht, weil das die beste Mandantengruppe ist, die man sich vorstellen kann.
Startups sind unfassbar positiv und auf Aufbruch gestimmt und das tragen sie natürlich auch weiter. Man hat relativ wenige kritische Fälle, wo es dann wirklich auch einen Rechtsstreit gibt, sondern es ist eher Aufbauarbeit, die dort geleistet wird und dabei unterstütze ich. Dadurch und durch die Flexibilität, die meine Mandanten mitbringen und die ich deswegen auch leben kann, habe ich einen grundsätzlich positiven Arbeitsalltag. Allgemein kümmere ich mich um alle Themen, die ein Startup so braucht, von der Markenanmeldung, über AGBs, bis zu Datenschutz und Investorengesprächen.
Erzähl uns doch von deiner Rolle als Mentor bei uns im Digital Hub.
Ich habe 2017 noch in einer Kanzlei gearbeitet, die direkt neben dem Digital Hub ist und habe gesehen, dass der Digital Hub aufmacht. Ich bin dann einfach mal rüber gegangen - auch weil ich damals die Idee, die ich eben beschrieb, schon hatte - und habe gefragt, ob es schon einen Anwalt im Digital Hub Netzwerk gibt. Da das noch nicht der Fall war, habe ich gesagt, dass ich Anwalt bin und Lust auf Beratung von Startups habe. So bin ich ins Digital Hub Netzwerk gekommen. Anschließend bin ich von der Kanzlei neben dem Digital Hub als Legal Counsel zu d.velop gewechselt. Da mein scheidender Vorgänger bei d.velop im Expertenrat des Hubs war, wurde ich von Sebastian Köffer gefragt, ob ich nicht als nächster Legal Experte aufrücken möchte, was ich auf jeden Fall machen wollte.
Wenn du jetzt jeden Tag mit so vielen Ideen von den Gründenden überhäuft wirst und du selbst den Drive zum Gründen hast, kannst du dann abends überhaupt abschalten oder rattert dein Gehirn weiter „Was kann ich selbst demnächst nochmal umsetzen?“.
Auf jeden Fall! Das sind natürlich Punkte, die mich auch bewegen. Ich versuche meine Beratung sehr spezifiziert und mit Praxisexpertise in Bezug auf den Tech- und Gründungs-Bereich mit fairen und transparenten Preisen anzubieten. Dafür brauche ich aber eine gewisse Skalierung bzw. Automatisierung in meiner Arbeit und habe, wie jeder Anwalt, das meiste als Draft in der Schublade - wobei jedes Mandat immer eine Individualisierung benötigt.
Die Weiterentwicklung des Ganzen ist, ob ich selbst einen Vertrags-, AGB-, oder Datenschutz-Baukasten entwickle und diesen auf meiner Webseite platziere, sodass ich meine Arbeit noch günstiger anbieten kann und sich die Needs von Startups und mir noch besser treffen. Andere Ideen sind zum Beispiel, dass ich Webinare mit verschiedenen Startups mache und mich dabei für 2-3 Stunden zur Verfügung stelle, Fragen beantworte oder selber eine Präsentation über die wichtigsten rechtlichen Themen halte und im Nachgang beispielsweise Musterdokumente zur Verfügung stelle.
Also all das was ich über die Bedürfnisse von Startups gelernt habe, möchte ich bestmöglich befriedigen und mit meinen Kompetenzen und eigenen Bedürfnissen verbinden.
Da rattert mein Kopf dann natürlich dauerhaft, wobei ich das gut bremsen kann. Die letzten 17 Jahre habe ich in Jura-Ausbildung, Referendariat und Job, wie ich finde, viel Gas gegeben, sodass ich jetzt mit Familie und einem Kleinkind versuche, da eine vernünftige Balance zu finden.
Wie kann man sich deinen Arbeitsalltag denn vorstellen? Wirst du mit vielen Adhoc-Rechtsnotfällen kontaktiert, wo Startups dann einfach nicht mehr weiterwissen oder ist das trotzdem sehr strukturiert?
Ich versuche die Struktur reinzubringen. Natürlich kommt auch viel nach dem Motto: „Oh, wir haben jetzt ‘ne Plattform released, wir müssen sofort AGBs haben!“ oder „Wir haben hier ein Modell, das datenschutztechnisch bewertet werden muss, kannst du uns da helfen?“. Wenn es sehr dringend ist, versuche ich natürlich dementsprechend zu reagieren. Allgemein versuche ich aber jede Anfrage über meine Webseite zu kanalisieren. Dort habe ich über einen „Erstgesprächs-Button“ ein Calendly-Tool hinterlegt, sodass man sich von mir freigegebene Termine buchen kann.
Dann kommt es zum kostenlosen Erstgespräch über Zoom und wir schauen dann Schritt für Schritt weiter.
Du bist fester Bestandteil der Hub-Community und bei den Startups bekannt und wirst von denen untereinander weiterempfohlen. Was meinst du woran das hauptsächlich liegt? Wie hast du dir diesen Ruf zugelegt?
Schön, dass ich diesen Ruf offenbar habe (lacht). Ich glaube, weil ich einfach ein normaler Mensch bin. Ich bin nicht dieser Prototyp Anwalt, wie man sich einen solchen in diesem Beruf vorstellt, weil ich ganz normal mit den Startups rede und gut erreichbar bin. Wahrscheinlich auch, weil ich ein großes Eigeninteresse daran habe, kennenzulernen, was die Startups machen, weil ich Bock auf die Themen und das Geschehen im Hub-Umfeld habe.
Vielleicht auch weil ich von einer guten Stimmung im Hub und im Umfeld profitiere, wo jeder der etwas beitragen möchte, aufgenommen wird.
Am Ende des Tages zählen natürlich gute Konditionen und die Qualität der erbrachten Leistungen, aber der menschliche und soziale Aspekt ist auch super wichtig.
Bist du noch irgendwie in der Startup-Szene oder anderen Communities aktiv?
Ja, bin ich. Bei dem, was ich bei euch im Hub mache, bin ich tief drin, ansonsten bin ich im Oldenburger Go Startup Netzwerk und auch in Bremen, Hamburg und Berlin bin ich in einigen Netzwerken und Accelerator-Programmen vertreten. Ich suche mir Startup-Zentren und Hubs aus, platziere meine Leistungen dort und werde Teil deren Netzwerke, um dauerhaft Empfehlungen und Anfragen zu bekommen.
Bist du auch noch in anderen Rollen aktiv? Zum Beispiel im Advisory Board von Startups oder als Investor?
Nein, als Investor nicht. Da will ich mich auch raushalten. Ich bin jetzt nicht derjenige der sich selbst komplett hochskalieren möchte und alles mitnehmen will, was im Startupbereich geht. Ich möchte schon überwiegend bei meiner Rolle als Rechtsberater bleiben, sonst ist das nicht mehr authentisch. Das machen ja einige, die dauerhaft gründen, die Exits hinlegen, richtig viel Kohle mitnehmen und dann als Angels agieren – was auch super und vollkommen in Ordnung ist – nur ich habe meine Rolle als Rechtsanwalt, die mir auch sehr viel Spaß macht und genau deswegen möchte ich das auch bleiben. Was Advisory Boards betrifft, bin ich im noch nicht etablierten Advisory Board der Legal Analytics GmbH, eine Ausgründung der d.velop, die ich von Tag eins an begleiten und unterstützen durfte.
Gibt es noch andere persönliche oder berufliche Kontakte, die durch das Hub-Umfeld entstanden sind und längerfristig angelegt sind?
Ja, auf jeden Fall! Durch Sebastian Köffer bin ich zum Beispiel zum Saxonia Tennisclub gekommen. Zu Simon Jannsen habe ich immer einen guten Kontakt und zwischenzeitlich sogar ein Büro auf dem Prinzipalmarkt gehabt. Ich bin auch relativ frühzeitig in den Venture Club Münster gegangen und da ist die Connection zum Hub ja auch groß.
Anscheinend also unzählige Kontakte!
Ja, es macht auch einfach Spaß. Dort treffen sich so viele Gleichgesinnte, wodurch die Connection eigentlich direkt da ist. Auch mit vielen aus dem Expertenrat verstehe ich mich gut, weil viele ein so ähnliches Mindset haben!
Gibt es eine bestimmte Lieblingsanektdote oder eine lustige/peinliche Situation, an die du dich gerne zurückerinnerst?
Peinliches natürlich viel! (lacht) Das für mich prägnanteste war für mich der Start, als ich damals einfach mal reingestiefelt bin. Das erste Event auf dem ich war – der Monstergrill 2017 - das find ich super geil, weil ich dort das erste Mal mit der ganzen Community in Berührung gekommen bin. Diese durchweg positive Erfahrung hat mich persönlich geflashed und animiert im Hub-Umfeld mehr zu machen.
Oder wenn wir eine Expertenrunde haben, bei der ein Startup pitcht und ich mich dann melde, lachen meistens schon alle, weil sie wissen, dass jetzt der Rechtsanwalt mit der Datenschutzfrage um die Ecke kommt.
Trotzdem ist ja nicht immer alles „Friede, Freude, Eierkuchen“. Kannst du mir von deinem größten Fuck-up erzählen?
Da könnte ich sagen, dass man aufpassen muss, welchen Leuten man vertraut. Manchmal arbeitet man mit Leuten zusammen, die Erwartungen in einem wecken, die nicht Realität werden, nur um eine gewisse Expertise mit an Bord zu holen. Also meine größten Fuck-ups waren das Setzen von Vertrauen in Leute, bei denen ich hinterher gemerkt habe, dass ich das nicht hätte tun sollen. Nach hinten raus haben sich diese negativen Erlebnisse aber auch immer ins Positive entwickelt, weil ich versuche, diese Dinge als Startpunkt zu nehmen, um mich neu zu justieren und zu schauen, was ich daraus lernen kann.
Kannst du das spezifizieren und dein krassestes Learning darstellen?
Mein krassestes Learning daraus ist, dass Fuck-ups unumgänglich und wichtig sind. Man muss scheitern, um in die richtige Bahn zu kommen. Was die richtige Bahn ist, ist höchst individuell. Wir werden im Studium ausgebildet, einfach nur Lemminge zu werden. Uns wird gesagt: „Ihr müsst als Juristen in die großen Unternehmen und die Großkanzleien gehen!“ und die wenigsten sind vom Typ her so.
Ich war auch in einer Großkanzlei und bin da persönlich gescheitert, weil ich mich weder mit den Leuten noch mit den Mandanten oder den Tätigkeiten identifizieren konnte. Und durch dieses Scheitern habe ich meine Schiene gefunden.
Ich bin kommunikativ, ich bin wie ich finde ein normaler Mensch, ich kann Jura und hab es gerne positiv und ein positives Umfeld. Das alles gebündelt ist für mich Startup-Beratung. Über Fuck-ups bin ich dazu gekommen zu sagen: „Ich will in meinem beruflichen Alltag in die Startup-Beratung, weil das für mich durchweg positiv ist!“.