Eine unserer ersten Maßnahmen nach der Gründung unseres Vereins war im Jahr 2017 der Start des Digital Hub Accelerator. Ohne große Erfahrungswerte starteten wir einfach mal einen Aufruf und fragten uns, ob sich überhaupt jemand bewerben würde. Wir waren froh und gleichzeitig überrascht, als wir schließlich mit einer Hand voll Expertinnen und Experten beim Auswahlpitch saßen und zwei Startups für den ersten Batch auswählen konnten.
Dabei haben wir uns stets auf die Unterstützung beim Finden des Product-Market Fit konzentriert - die Schicksalsfrage für jedes Startup. Dieser Meilenstein markiert den Übergang von der Suche nach dem richtigen Produkt zur Wachstumsphase oder Skalierungsphase. Ihn zu erreichen ist die zentrale Aufgabe von Gründenden, an der aber viele scheitern. Mit der Etablierung des REACH Euregio-Start-up Center und damit einem starken Ausbau der Startup-Unterstützung in frühen Phasen der Gründung hat sich dieser Fokus in unserem Programm sogar weiter geschärft. Unser Anspruch ist es, Startups auch in der Skalierungsphase zu begleiten, bis zur ersten größeren institutionellen Finanzierungsrunde und der möglichen Bewerbung für das Scale-Up.NRW Programm.
In einer solche Phase kann Startup-Unterstützung nicht mehr nach "Schema F" ablaufen, sondern verlangt nach individueller und spezifischer Unterstützung der Startups. Unsere Antwort darauf ist ein mittlerweile stark individualisiertes Accelerator-Programm, welches wir möglichst passgenau auf jedes der Startups zuschneiden. Im Idealfall haben die Startups sowieso keine Zeit, sich mit uns auseinander zu setzen. Was zunächst paradox klingt, ist letztlich nur die logische Konsequenz der Herausforderungen dieser Entwicklungsphase. Wir wollen, dass unsere Teams beim Kunden sind, stetig am Produkt arbeiten und fleißig Kontakte zu Business Angels knüpfen. Für den zusätzlichen Input durch uns bleiben dann im Idealfall nun wenige Stunden pro Woche – und diese müssen gut vorbereitet sein, absolut passgenau präsentiert werden und auf diese Weise zusätzlichen Wert für die Gründenden schaffen.
Ein Fokus liegt naturgemäß darin, spannende Kontakte für die Startups in unserem Netzwerk aus Unternehmen und Investierenden zu schließen – und zwar mit dem klaren Anspruch, dass eine „Intro“ mehr sein sollte als ein simpler Austausch von E-Mail-Adressen. Stattdessen geht es darum, bereits im Vorfeld durch die genauen Kenntnisse der Bedarfe auf beiden Seiten abzuschätzen, ob eine Kooperation sinnvoll ist. Erst dann empfehlen wir vertrauensvoll in einen direkten Austausch zu treten. In fast allen Fällen kommt es so nach unserer Kontaktanbahnung auch zu tiefergehenden Gesprächen und vielleicht später dann auch zu konkreten Kooperationen und Investitionen. Eine entscheidende Rolle kommt dabei unserem Expertisenetzwerk zu. In diesem von uns kuratierten Netzwerk sammeln wir Innovationsverantwortliche aus unseren Mitgliedsunternehmen und vernetzen sie proaktiv mit Startups. Daraus entstehen dann vielfältige engere Verbindungen zwischen Einzelpersonen, Unternehmen und Startups.
Ein weiterer wichtiger Bestandteil des Digital Hub Accelerator ist die öffentlichkeitswirksame Präsentation der Startups. Dies geschieht zum einen durch eigene Events wie den Accelerator Demoday und den Digital Summit Euregio. Zum anderen platzieren wir Startups gezielt auf den landesweiten Bühnen über unser Reichweite-starkes Netzwerk in NRW, z.B. mit dem DWNRW Startup of the Month. Spätestens in der Skalierungsphase ist die Zeit im stillen Kämmerlein für die meisten Startups vorbei. Bei der Gewinnung von Partnern und Mitarbeitenden ist ein gewisser Bekanntheitsgrad und die Abgrenzung als erfolgreich skalierfähiges Startup von der breiten Masse von Gründenden zwingend.
Insgesamt haben Accelerator-Startups circa 25 Millionen EUR externes Kapital eingesammelt und beschäftigen derzeit ca. 350 Mitarbeitende.
Insgesamt haben wir bisher 36 Startups in 15 Runden des Programms unterstützt (Stand November 2022). Wir haben über 150 Bewerbungen erhalten. Aus dieser Auswahlquote von knapp über 20 Prozent leiten wir auch den Anspruch ab, dass die digitalen Startups im Programm jene mit dem höchsten Entwicklungspotenzial in der Region sind. Mittlerweile lassen sich zu den Startups auch einige interessante Fakten darstellen.
- 61% der Teams haben unmittelbar vor der Gründung in einem Arbeitsverhältnis gestanden. 31% haben direkt im Anschluss an ein Hochschulstudium gegründet.
- Schaut man sich den letzten Studienort vor der Gründung an, sind natürlich die WWU Münster mit (42%) und die FH Münster (22%) in den Gründungsteams am stärksten repräsentiert.
- 81% der Teams haben ihren Hauptsitz in Münster, entsprechend 19% an anderen Orten im Münsterland.
- Von den 36 Teams sind 31 immer noch aktiv. Alle Teams, die seit 2019 am Programm teilnahmen, sind immer noch am Markt.
- Insgesamt haben Accelerator-Startups circa 25 Millionen EUR externes Kapital eingesammelt und beschäftigen derzeit ca. 350 Mitarbeitende.
- 22% der Teams haben eine Gründerin als Gesellschafterin, 78% sind reine Männerteams (diese Verteilung ähnelt dem deutschlandweiten Level für technologisch orientierte Gründungsteams)
In allen Regionen in Deutschland gibt es inzwischen sehr umfangreiche Unterstützung von Startups in Frühphasen, vor allem durch Transfer-Institutionen an den Hochschulen, Kammern und Wirtschaftsförderungen. Die Unterstützung von Startups in der Skalierungsphase ist seltener und auch schwieriger zu gestalten. Denn wie oben beschreiben, muss das Angebot passgenau und spezifisch sein – mit hohen Anforderungen an Flexibilität, die Größe des Netzwerks und das Know-How der beteiligten Personen. Neben den Erfahrungen aus unserem Team heraus in Bezug auf digitale Geschäftsmodelle und Business Development binden wir daher immer auch passgenaue Expertise aus unserer Community in den Austausch mit Startups ein.
Verliert ein Startup in der Skalierungsphase die Bindung zu seinem Gründungsstandort, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass das Startup große Teile des Geschäftsbetriebs auslagert oder sogar mit dem kompletten Unternehmen in die Startup-Hotspots der großen Metropolen umzieht. Auch wenn die Bindung mit dem Heimatstandort in der Regel nicht komplett verloren geht, treten die positiven wirtschaftsförderlichen Effekte (insbesondere die Schaffung von Arbeitsplätzen in Zukunftsbranchen) dann mehrheitlich in andere Region auf. Es lohnt sich also, dafür zu arbeiten, dass Startups aus dem Münsterland der Product-Market-Fit gelingt und sie dann in der Heimat einen starken Wachstumspfad einschlagen.