Grund genug, dass sich Hubbie Sebastian mit Thomas auf ein Interview getroffen hat, um seine Erfahrungen mal gebündelt aufzuschreiben. Die Ramen-Suppe im Cafe Grisu bildete den passenden Ra(h)men ;-).
Lieber Thomas! Du schaust inzwischen auf eine lange Laufbahn in der IT zurück. Erzähle doch zum Start mal deine Gründungsgeschichte von connectiv!
Dieses Jahr haben wir mit connectiv unser 25-jähriges Jubiläum gefeiert. Angefangen hat alles durch einen Zufall. Wir studierten an der damaligen Fachhochschule Osnabrück in Lingen und gehörten zu den ersten 50 Studierenden, die Technische Betriebswirtschaft studieren konnten. Und wir hatten das Privileg, über ein gerade neu eingerichtetes Rechenzentrum mit Internetzugang zu verfügen. So kamen wir mit dem Internet in Berührung, was damals ein recht neues Thema war. Irgendwann haben wir über Bekannte Kontakt zur lokalen Kreishandwerkerschaft bekommen. Die wollten eine Website haben. Und die haben wir dann gemacht. Im Rahmen dieser Umsetzung haben wir Gefallen daran gefunden und uns überlegt, dass wir das auch über das Studium hinaus machen könnten.
Wie ging es dann weiter?
Das Emsland war damals wirklich eine weiße Landkarte, was das Thema Internet anging. Daher haben wir in den ersten Jahren neben unseren Web-Dienstleistungen gemeinsam mit der Telekom auch Internetzugänge vermarktet. Wir haben uns einen kleinen 19-Zoll-Schrank gekauft, da ist ein Primär-Multiplex-Anschluss reingekommen. Dann haben wir uns einen Partner in Münster gesucht, nämlich die damalige TLK. Wir haben eine 128-Kilobit-Leitung nach Münster gezogen und die TLK hatte eine - sage und schreibe - 2-Mbit-Leitung nach Frankfurt zum DCIX. Im Jahr 2004 haben wir uns dann überlegt, dass wir neben dem Web-Business ein weiteres Standbein brauchen und haben geschaut, was es für Trends auf dem IT-Markt gibt.
Da gab‘s noch keine Smartphones und wir haben damals noch gesagt, über so ein kleines Gerät wird nie jemand einkaufen. Niemals. Und dann hat man gemerkt: Das kommt doch. Und so sind viele Dinge eben auch gekommen. Dinge, die wir uns zum Teil nicht wirklich vorstellen konnten. Und wenn wir heute sehen, was im Bereich der künstlichen Intelligenz schon geht...
Und da ist das Thema CRM aufgetaucht. Wie lief der Übergang vom alten zum neuen Geschäftsmodell?
Heutzutage würde man sagen: Ihr habt dann einen Pivot gemacht. Das war ein wichtiger Schritt für uns. Wir haben 2013 ein Management-Buy-out gemacht. Wir haben zu dritt gegründet und der Dritte im Bunde war immer sehr technisch orientiert, wohingegen mein Mitgründer Hermann und ich immer eher in Richtung Web, CRM und eben auch Projektgeschäft unterwegs waren. Also haben wir gesagt, es macht Sinn, das zu trennen. Das ist natürlich ein bedeutender Schritt, wenn ein Gründer das für sich entscheidet oder wenn man das als Gründerteam gemeinsam entscheidet. Denn man muss das in einer verträglichen Art und Weise hinbekommen, dass es für alle Seiten weitergehen kann. Es haben damals auch nicht alle gleich "Hurra" geschrien, aber aus heutiger Sicht war es der richtige Schritt zur richtigen Zeit.
Du bist also seit den Anfängen des kommerziellen Internets vorne dabei. Nimm uns mal mit auf die Reise bis heute. Was sind so für dich die wesentlichen Veränderungstreiber?
Das ist natürlich sehr, sehr vielschichtig. Am Anfang warst du als Unternehmen tatsächlich schon relativ weit vorne, wenn du eine gute Webpräsenz hattest. Dann kam nach und nach das Thema E-Commerce. Ich kann mich auch noch erinnern, als die ersten mobilen Lösungen kamen. Da gab‘s noch keine Smartphones und wir haben damals noch gesagt, über so ein kleines Gerät wird nie jemand einkaufen. Niemals. Und dann hat man gemerkt: Das kommt doch. Und so sind viele Dinge eben auch gekommen. Dinge, die wir uns zum Teil nicht wirklich vorstellen konnten. Und wenn wir heute sehen, was im Bereich der künstlichen Intelligenz schon geht, obwohl wir da quasi noch am Anfang sind, bin ich sehr gespannt, wie sich die nächsten Jahre entwickeln werden.
Spielt dieses zahlen- und datengetriebene CRM inzwischen auch bei euch die Hauptrolle?
Ja, das gibt die Technik mittlerweile her. Es ist ja immer die Frage nach dem ROI. Und da sind die Tools heute natürlich viel weiter und lassen das zum Teil zu. Das Ganze ist immer auch mit Investitionen in Software und Dienstleistung verbunden. Und nicht jeder Mittelständler kann und will vielleicht so tief in die Tasche greifen, um das alles schon vollautomatisiert und komplett zu bekommen. Deswegen spielt der Bereich der Beratung eine immer größere Rolle, weil die Technik über die Jahre einfach komplexer geworden ist. Dazu kommt, dass die Kunden sich vielfach neu erfinden müssen (zumindest zum Teil) - sie müssen ihre Prozesse digitalisieren, ihr Geschäft transformieren, und so weiter. Das alles mit einem Technologie-Stack vernünftig zu machen, ist schon auch eine Herausforderung.
Ihr seid auf Microsoft Produkte spezialisiert, und Microsoft hat gerade in letzter Zeit durch die Zusammenarbeit mit OpenAI von sich reden gemacht.
Ja, Microsoft gibt gerade Vollgas in die Richtung. Wir müssen natürlich ein bisschen aufpassen, denn als Microsoft Partner sind wir voll in deren Blase drin und natürlich passiert auch links und rechts von Microsoft eine ganze Menge. Aber ja, wir sehen Microsoft schon sehr weit vorne. Das ist jetzt auch ein Argument für uns im Vertrieb, dass wir sagen können, KI ist „out of the box“ mit drin. Das Thema „Copilot“ bestimmt bei Microsoft derzeit alles. Da gibt es zum Beispiel den Sales Copilot. Der fasst mir lange E-Mail-Threads zusammen, stellt die Verbindung zum CRM-System her, erkennt die Verkaufschance und sagt mir, was ich tun soll. Aber der Teufel steckt bei jeder Umsetzung im Detail.
Vor Kurzem habt ihr entschieden, euch der GWS anzuschließen, auch Mitglied in unserem Verein. Wie genau kam es zu dem Deal? Und wie sieht er aus?
Die Hintergründe sind sehr vielschichtig und ich kann jetzt auch nicht über alles berichten. Aber natürlich haben wir uns auch Gedanken über das Thema Nachfolge gemacht. Und wenn dort klar ist, dass es in den eigenen Reihen, in der eigenen Familie keine Nachfolge gibt, dann sollte man rechtzeitig eine Lösung finden und nicht erst dann, wenn man vielleicht schon mit dem Rücken zur Wand steht. Gleichzeitig sind die Herausforderungen in den letzten Jahren einfach größer geworden. Wir reden alle über das Thema Fachkräftemangel und in der IT ist das sicherlich noch einmal potenziert. Die Frage ist, wie resilient man auch gegenüber Schwankungen ist. Auch Microsoft fordert seine Partner deutlich mehr als noch vor einigen Jahren und verlangt auch eine gewisse Größe.
Daher haben wir einen starken, strategischen Partner gesucht. Bei all dem war es uns auch wichtig, die connectiv! als eigenständige Marke zu erhalten und weiterzuentwickeln, auch im Sinne unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Denn wir glauben schon, dass viele gerade wegen der Größe und Kultur, die wir heute haben, bei uns sind. Und mit der GWS haben wir auch jemanden gefunden, der das von Anfang an genauso gesehen hat. Das Signing war Ende April und bis dato fühlt sich alles sehr gut an. Im Operativen hat sich bislang gar nicht so viel geändert und im PMI-Projekt liegen die Schwerpunkte auf der Potenzialentfaltung des Zusammenschlusses.
Ich lerne immer wieder sehr interessante Persönlichkeiten und auch sehr interessante und vielversprechende Geschäftsmodelle kennen. Das ist für mich und uns auch ein wertvoller Input, um uns weiterzuentwickeln.
Schon vor dem Deal bist du bereits lange als Startup-Mentor im Digital Hub unterwegs. Was motiviert dich dazu? Was glaubst du, kannst du da einbringen?
Das sind denke ich schon einige Dinge. Als Gründungsmitglied eures Vereins bin ich von Anfang an dabei. Dann bin ich auch seit fast 30 Jahren in Münster und kenne einige Leute und identifiziere mich mit der Region. Als IT-Unternehmen wollten wir uns einfach einbringen. Auf der anderen Seite finde ich es mega interessant, diese Startup-Szene gerade im Technologiebereich beobachten zu können. Ich lerne immer wieder sehr interessante Persönlichkeiten und auch sehr interessante und vielversprechende Geschäftsmodelle kennen. Das ist für mich und uns auch ein wertvoller Input, um uns weiterzuentwickeln. Und daneben kann ich sicherlich auch, als Unternehmer, der 25 Jahre lang ein IT-Unternehmen mitgeführt hat, einiges an Erfahrung einbringen.
Wie blickst du insgesamt auf die IT- und Tech-Szene Münsters? Bist du am richtigen Ort oder würdest du im Rückblick woanders gründen?
Ich glaube schon, dass hier einiges los ist und dass wir uns hier mit Münster und der Region nicht verstecken müssen. Wir werden immer, je nachdem, nach welchen Kriterien man vergleicht, ein paar Nachteile gegenüber den ganz großen Städten haben. Aber ich glaube, dass wir uns durch andere Merkmale und auch durch mehr Überschaubarkeit wieder positiv abheben können.